NAS kaufen oder selber bauen?

Meine NAS, eine Synology DS416j, hat ihren Zenit längst überschritten. DSM v7 zu installieren, davon wird abgeraten, anfängliche Probleme und Leistungseinbußen sprachen dagegen, aber ein so bekanntes OS nicht zu patchen ist ein Kardinalfehler. Ich habs dann doch getan und die Anpassungen kosteten so ihre Zeit – dennoch hustet und röchelt die NAS. Der positive Teil aber, das Ding läuft immer noch super, wenn man nicht all zu viel abverlangt. Ich will’s aber vor Allem schneller. Also geht man auf die Suche – und ob man sich die Mühe macht, etwas selber zu bauen.

tl;dr – Wenn man keine eigene Zeit investieren will, dafür gibt es gute Gründe, ist mensch mit fertigen NASes gut bedient – ob nun Synology, Qnap oder Asustor. Der Preis rechtfertigt sich allein über den Service, funktionierende, erwachsene Systeme mit einer guten Patchfrequenz. Wer eine Passion für IT hat, wird dagegen besseres, schnelleres bauen können.

Aus technischer Warte ist Synology altbacken, die aktuelle Consumer 4bay DS423+ schlägt (Stand Dezember 2023) mit etwa 500Eur zu Buche, wird angetrieben durch einen Celeron J4125 aus 2020, unterstützt mit 2GB RAM, erweiterbar, und zwei 1GBit ETH-Ports. Eine Qnap TS-433 bringt für 400Eur zwar nur einen Arm-Prozessor mit, hat aber 4GB Ram und einen 2.5GBit ETH-Port. Beide Geräte können ihre Kernkompetenz, NAS, mit Sicherheit souverän umsetzen, aber Synos 2 1GBit-Ports machen nur aus der Warte der Redundanz Sinn, was Zuhause wohl eher eine überflüssige Eigenschaft ist. Der 2.5GBit Mod ist schon wieder Spielerei und fehler-potentieller Eingriff. Dann kommen die 10GBit-Optionen bei Syno, die es ab etwa 650Eur mit der DS923+ gibt, die 10GBit Karte (E10G22-T1-Mini) muss man zusätzlich kaufen, also nochmal ~140Eur rauf. Und dann hat man 10GBit-Kupfer. Kurzum: Entweder fehlt mir der Durchsatz (Syno) oder die Power (Qnap) für einzwei weitere Helfer.

Und da ich gerne schraube und code, ist mir der Eigenbau lieber. Nach anfänglichem Wow-Optimismus habe ich mich aber von der eierlegenden Wollmilchsau aka Homelab-All-In-One-Server-Geschichte wieder verabschiedet. Eine NAS soll souverän laufen, fertig. Die Daten sollen sicher sein. Ein Homelab-Server darf (mM sollte!) eine eigene Instanz werden. Nachdem jetzt die ZimaCube vorgestellt wurde, kreisen meine Gedanken wieder, was ich mache. Ich finde, die kleine ZimaCube mit dem N100-Prozessor ist ein unglaublich gutes Angebot, schon aus reiner Hardware-Betrachtung – und dann noch ein Preis von kaum 500Eur im Kickstarter. Deren OS interessiert mich dagegen weniger, die Unterstützung von OMV, TrueNas oder UnRaid ist ja quasi sichergestellt. Das miniITX-Mainboard, das sie gerade fertigstellen, ist ein Träumchen – welches wohl als Bauteil niemals einzeln erhältlich sein wird. Aber: Ich hab keinen Bock, bis März/April24 zu warten. Ich will jetzt gleich.

Parcour

Welche Eigenschaften sollen für mich erfüllt sein? Größe, Stromverbrauch, Durchsatzrate und „Schwuppdizität“. Der Stromverbrauch darf ähnlich niedrig sein, wie bei der DS416j, also um 13W idle und 20W Last (ohne HDDs). 3 Platten (Raid5) sind Minimum, gerne auch 5 bis 6. Und die zwei aktuellen Hauptgründe für den Wechsel: Netzwerkgeschwindigkeit und CPU-Auslastung. 1GBit (um 115MByte/s) kann die DS416j liefern, reiner HDD-Durchsatz ist absolut ok, aber wehe, irgendeine App muss mal was tun, zB Photostation-Indexing oder „Datenbereinigung“ – dann wird das System nahezu unbrauchbar.

Entschuldigt, dass ich die ZimaCube gerade zur Referenz mache, aber das technische Paket, deren Mainboard ist nahezu unschlagbar. ZimaCube liegt bei etwa 38W idle (inkl. 6 HDDs!), 6W sleep. Der N100 Prozessor hat eine TDP v 6W und erzielt dabei eine Leistung, die etwa einem i7-2600K (TDP 65W) entspricht. Die aktuelle DS423+ hat einen J4125 Prozessor, Qnap geht in dieser Preisklasse (TS-433) mit einem Cortex-A55 an Start und gibt etwa 8W sleep und 23W Last an. Kurzum, auch das aktuell gerne besprochene (cwwk kingnovy) Topton ITX Board hat deutlich mehr Bumms und/oder Durchsatzrate als die alteingesessenen Anbieter und deren Produkte bis etwa 1.000Eur. Damit ist Selbstbauen angesagt. (Nachtrag: cwwk hat ein N100 miniITX-Board vorgestellt mit 4x 2.5GBit und 6xSATA onboard, juhai.. aktuell 205$ plus Shipping und Steuern, die N305-Version liegt bei ~280$)

comparison NAS CPUs

Prozessor und Mainboard

Wie im obigen Excel-Screenshot zu sehen, rangieren die arm-basierten Systeme am unteren Ende. Solange nichts besonderes gefordert wird, werden sie ihren Job machen. Wenn man aber ein paar Kleinigkeiten hinzufügt, zB ein Transcoding für plex oder tvheadend, oder einen Webserver oder eine eigene Cloud-Instanz wie owncloud, kann es schon ganz eng aussehen. Ich habe zB die G6900-CPU hinzugefügt, weil es die preiswerteste aktuelle Intel-CPU für ein Nicht-embedded-Board ist. Der I3-3217 steht als Beispiel für einen Einstiegs-NUC von vor 10 Jahren. Der Ryzen V1500B werkelt in einigen Synology Geräten der 21er Serie, zB DS1621+ oder DS2422+. Abgekürzt: Die aktuell erhältlichen Embedded-Boards, ob mit N5105 oder J6413-CPU machen einen fabelhaften Job – wenn es um NAS plus „nBisschenWas“ geht. Und auch da schiele ich wieder zum N100 Prozessor, der im ZimaCube verbaut ist.

Die N100-Boards von Asrock/Asus sind einfach zu dürre ausgestattet und eine Kombination aus 2.5 oder 10GBit ETH mit 4-6 HDDs und einzwei SSDs ist kaum souverän zu bewältigen. Ich habe leider nur eine Ankündigung zu N200 oder N300 Embedded Boards gefunden, Maxtang ALN-10 aus dem Mai 2023, aber existieren tun sie immer noch nicht. Würde ich etwas auf Basis eines „leeren“ miniITX-Boards bauen, müsste es im Endeffekt etwas sein, was at least schon 2.5GBit ETH onboard mitbringt. ABER damit steigt der Preis und die Erweiterungs-möglichkeiten abseits CPU und Ram sind nicht wirklich gestiegen. Eines jener Boards wäre zB das Biostar B660T-Silver mit 2 Ram-Slots, einem PCIe/x16 Slot, 4 Sata Ports und 2 M.2-Slots und 1x 2.5GBit ETH. Dann gäbe es noch die Supermicro-Mainboards, die reichhaltig ausgestattet sind, aber für eine NAS deutlich übers Ziel hinausschießen, zB das Supermicro A2SDi-8C-HLN4F mit einem Atom C3758, 12 Sata-Ports, 4 GBit ETH-Ports, ECC-Unterstützung und IPMI, das kostet dann halt auch ~700Euro. So ein Board ist dann eher ein kompaktes Homelab-Workhorse. (Wie mensch merkt, gehe ich nur auf miniITX-Boards ein, in der Welt der microATX-Boards gibts auch schöne Modelle – aber verliere für mich den Aspekt „kompaktes Chassis“)

Ram Speicher

Die DS416j hat lediglich 512MB DDR3-Ram und schießt sich damit sehr schnell ins digitale Schneckenrennen. Zudem bedürfen aktuelle OSes und deren Filesysteme einfach mehr Ram, ob nun fürs Cache oder die gewisse Schwuppdizität – also läuft hier nix unter 8GB, eher noch 16GB Ram. Noch einmal die Erinnerung, ich habe mich von der Homelab/NAS-All-in-One-Kombi verabschiedet, weil mir die Datenintegrität wichtig ist. Hiermit auch noch ein Vorwurf, der mich oft nervt: Niemals ohne ECC! Das ist eher so IT-Jägerfachlatein. Aus der ganzen Synology DS-Reihe hat lediglich eine handvoll teurerer Geräte ECC-Speicher und dennoch funktioniert alles fabelhaft. Siehe KnowledgeBase Synology. Ich hatte jetzt in ~12 Jahren 3 DS-Synos verschiedener Größe, keines hatte ECC-Ram und ich habe nie Datenverlust/korruption bemerkt. Wichtiger ist „genug Ramspeicher“ für ZFS und/oder Virtualisierung. In beiden Fällen ist zu wenig einfach schlecht.

Ans Eingemachte

Viel geschwätzt, jetzt mal ab in die Praxis. Von den ersten Gedanken bis zur Umsetzung sind grob 3 Monate vergangen, Preise sind gefallen, wieder gestiegen, andere MoBos angekündigt. Ist alles nicht so einfach 😉

(20.12.23) Es wird ein NAS auf N100-Basis und ich versuch’s mit dem CWWK/Topton-Board, welches um 170Eur kostet. Dazu ein Jonsbo N2 Gehäuse für 5 HDDs. Kein N3, weil einfach wieder zu groß. 5x 8TB Ironwolf, eine SSD, i.wo 256GB als OS-Platte. Software-Basis TrueNas Scale, aus den Platten dann ein simples RAIDZ-2 bauen. Die 4 2.5GBit-NICs könnten dann via Link Aggregation oder simplerem SMB3-Multichannel super im Netz arbeiten, wobei 2 völlig ausreichend wären. Lets see. ZFS braucht Speicher, ich fange aber mit 16GB (DDR5 SO-DIMM) an, TrueNas ist ja noch nicht gesetzt. Die Verteilung der Lanes auf dem N100 könnte besser sein, aber es ist gar nicht soo schlimm, wenn man nicht alles vollhaut.

(22.02.24) Die Bestellung hat ein bisschen gedauert, Rumgefrickel an der Liste, rumrechnen, lesen. Gestern war es dann soweit und die ersten Teile sind angekommen. Zusammengebaut, erster Wermutstropfen, das Netzteil (Sharkoon SilentStorm SFX 450W) ist bei so geringer Idle-Last recht ineffizient, ich liege bei ~20W ohne HDDs. Vielleicht kann ich noch 1-3 Watt durch i.welche Optimierungen im BIOS herausholen.

Hier mal die preisliche Aufstellung:

MB CWWK CW-ADLN-NAS V10 (black PCB)179 Eur
NET Sharkoon SFX SilentStorm 450W63 Eur
RAM DDR5 SO-Dimm 16GB Crucial CT16G4849 Eur
GEH Jonsbo N2 weiss139 Eur
SSD NVME Patriot P300 256GB23 Eur
KUE Thermalright AXP90-X3623 Eur
Zwischensumme für ein startendes Gerät476 Eur
usb-adapter-kabel 9pol/19pol für Front USB6 Eur
SATA 6fach Kabel 50cm14 Eur
kleinzeug dazu496 Eur
5x Seagate IronWolf Recertified 8TB744 Eur
summe1.244 Eur

Die gute Nachricht, das System ist sofort anstandslos gestartet, ohne Änderungen im BIOS konnte ich TrueNas Scale 23.10.2 initialisieren und einen ersten Blick reinwerfen. Nebenbei, drei Dinge werden an dem Board ständig kritisiert. (1) Der JMB585-Chip, welcher kein ASPM unterstützt und (2) an einem PCIe3 x2 Lane angebunden ist. Und dann (3) die PCIe3.0 x1 shared-Lane zw. NVME-Slot 2 und dem PCIe-Slot. (1) ist wirklich schade, mit (2) hab ich keine Probleme, da ich bei 5 HDDs, 4 davon auf dem JMB585, keine Einbußen haben werde. Und da NVME2 und PCI-Slot noch leer sind, habe ich mit (3) noch keine Probleme. Es gibt halt noch recht viel Optimierungs-potential auf dem Board. Wozu der USB-C auf der Rückseite, 2 2.5GBit-ETH würden reichen. Stattdessen den PCIe-Slot aufbohren. Das Jonsbo N2 Gehäuse ist n Träumchen und ich hab keine Probleme mit „zu wenig Platz“. Sehr gut verarbeitet, einzig die Audio-Klinke vorne ist mir ein Rätsel. Der Gehäuselüfter wird beizeiten durch einen deutlich leiseren Noctua ersetzt – wobei ich jetzt mal darauf achten muss, ob die Platten nicht deutlich lauter als der Lüfter sind.

Finale

(24.02.24) Die letzten Platten sind angekommen. Wie oben zu sehen beläuft sich der Preis auf etwa 1.250 Eur für ein 5 Platten RAID6 aka RAIDZ-2 System. Obendrein halt deutlich mehr Bumms unter der Haube für Spielereien wie Photomanagement, Realtime-Videotranscode, html/php-Testwiese und so weiter und so fort. Wie schon ganz oben beschrieben wird man solche Specs bei Qnap und Syno nicht in der Homeserver-Ecke finden.

TrueNasScale 23.10.2
5x HDD IronWolf 8TB RAIDZ-2Netto ~21TB
Durchsatz lokal fio 4 Jobs BS 1M128 IOPS 128MB/s
Durchsatz 1 Job BS 1M520 IOPS 547MB/s
iperf3 in beide Richtungen 1×2.5GB ETH~2.37GBits/s
Windows Write 1×2.5GBit~180MB/s
Verbrauch idle, Platten aus~22W
Verbrauch Last, alle 5 Platten laufenmax ~90W

(14.03.25) Nach anfänglichem Enthusiasmus bin ich auf OMV umgestiegen. Der Grund, Docker-Unterstützung. Ich habe zwischendurch das Board durch die Variante mit 2 SFP+-Anschlüssen ersetzt, so dass ich im Netz mit 10GBit angebunden bin. Durchsatz sind dann zwischen um 600MByte/s und 200MByte/s (wenn ZFS den Cache vollgehauen hat). Via Docker-Compose laufen ein Nginx-Webserver, TVHeadend, MariaDB und eine immich-Instanz. Nach anfänglichen Freezes (Powertop Optimierungen waren schuld) läuft das Ding jetzt sauber durch.

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